BLICK

Zürich, Samstag, 11. Oktober l969

«Wonne-Ärschchen» ist noch das mildeste

Schweizer schrieb „das obszönste Buch der deutschen Literatur“

G.U. Frankfurt – Ohne allzu großes Aufsehen feiert auf der Frankfurter Buchmesse der Erstling des 34jährigen Winterthurers Oskar Serge Ehrensperger Premiere. Sein 448seitiges Buch „Prinzessin in Formalin“ war erst drei Tage vor dem Super-Bücher-Marks fertiggeworden.

Erwin von Wehrenalp, in dessen „Claassen Verlag“ das Buch erschienen ist, zu BLICK:

„Ehrensperger ist ein Autor, wie ein Verlag ihn alle zwanzig Jahre einmal findet. Er verfügt über eine ungeheure Sprachdynamik und Ausdruckskraft – er ist d i e große literarische Entdeckung des Jahres.“

Kenner beurteilen die „Prinzessin in Formalin“ außerdem als das obszönste Buch der deutschen Literatur.
Der Autor, Marktpsychologe und ehemaliger «Tat»-Korrespondent in London, ist da etwas zurückhaltender: „Ich hatte das Gefühl, die deutsche Literatur hatte das nötig – vor allem vor drei Jahren, als ich anfing, das Buch zu schreiben.“
Mit einer Sprache, die kein Blatt vor den Mund nimmt, will der studier Zugegeben: Die „Formalin-Prinzessin“ ist kein „leichtes“ Buch. Die Welt des in London arbeitenden Schweizer Werbemannes vermischt sich mit einer Traum-Liebe zur ägyptischen Prinzessin Sima Banou.
Seine ungeheuer erotikgeladenen Schilderungen von London und den freigebigen Minimädchen wechseln sich ab mit Briefen an den Psychiater Szodopowitsch, knall-direkte Ausdrücke (von denen Wonneärschchen noch das mildeste ist) gehen über in komisch-abstruse Wortspielereien, Wortveränderungen, Sprachverfremdungen.
Die Londoner Atmosphäre schien für Ehrensperger der geeignete Hintergrund, denn „das Faszinierende an London ist, Eros blieb hier Eros. Er wird nie zum Nur-Sex“.

Schüchtern

Als der etwas schüchtern wirkende Autor sein Erstlingswerk beendet hatte (in wahnsinnigem Tempo geschrieben), schickte er Kopien an fünf Verlage und fuhr in die Ferien. So wenig dachte er an einen spontanen Erfolg.
Beim Claassen-Verlag aber bekam der 29jährige Lektor Wolfgang Mönninghoff das Manuskript in die Hand. „Ich war schrecklich sauer, denn das Ding war entsetzlich dick. Aber dann passierte genau das, was man immer in Romanen lesen kann. Ich kam von dem Buch nicht wieder los. Schon am nächsten Tag gab ich es der Frau unseres Verlegers zum Lesen, und dann schickten wir ein Telegramm nach Zürich, um uns die Rechte zu sichern.
Das Telegramm fand Ehrensperger erst zwei Wochen später im Briefkasten vor und hatte alle Mühe, die anderen vier Manuskripte von den restlichen Verlagen zurückzubekommen. „Bestseller-verdächtig“ heißt es jetzt auf der Buchmesse über den Erstling. Nicht nur wegen der saftigen Erotik – aber auch …“